Der Chalet-Beschiss

Wo Schweiz draufsteht, muss nicht unbedingt Schweiz drin sein. Wer dies in Kanada nicht am eigenen Leib erfahren hat, sollte gerade beim Essen von Dingen wie „Swiss Fondue“ die Finger lassen, besonders wenn unser Nationalgericht in nordamerikanischen Bierlokalen aufgetischt wird. Bezüglich Spezialitäten verhält es sich damit so wie etwa mit Sushi bei uns zuhause: Wer schon einmal die Fisch-Reis-Häppchen in Japan gekostet hat, wird beim Blick in das Coop-Kühlregal die Nase rümpfen. Ebenso schlecht kann ein ungewürztes, zähflüssiges und lauwarmes Fondue munden.

20150526_160401 swiss chalet

Um diese Gratwanderung zu umgehen, hat ein kanadisches Gastronomieunternehmen aus Toronto vor etwa 60 Jahren einen ganz anderen Weg gewählt: aussen Swiss, und innen ist es eine eigene Interpretation davon, was es unter Schweizer Essen versteht. Das Ergebnis heisst „Swiss Chalet“ und ist eine Kette, die in Kanada und den USA Familienrestaurants betreibt. Auf dem Speiseplan der etwa 180 Lokale, die sich zwischen Fastfood und traditionellen Restaurants einreihen, stehen statt Rösti von Sauce triefende Rippchen, statt Älplermagroni und Raclette dicke Fritten und gegrillte Hühnchen.

Das Ganze dann probiert schmeckt weder nach Fisch noch Vogel, und die zum Dessert servierten roten Lindor-Kugeln wollen auch nicht so recht ins Bild passen. Nichtsdestotrotz verkündet der Werbebeitrag im Fernsehen oder auf der Kinoleinwand jeweils: „Swiss Chalet – nothing else is Swiss“. Naja… Wusste ich zwar nicht, aber etwas Neues dazulernen kann man ja schliesslich immer.

Was ich aber weiss: Schweizer Essen mit all dem Käse, Brot, den Kartoffeln und den Würstchen ist eine relativ schwere Kost. Ebenso steht es um das kanadische Pendant. Wer sich ob derart vieler Kohlenhydrate sorgt, kann vor dem Restaurant-Besuch auf der Swiss Chalet-Website den Ernährungsrechner zurate ziehen. Für jedes einzelne Gericht berechnet dieser nämlich Kalorienmenge, Zuckergehalt, Fettanteil und Vitaminvorkommen. Selten sonst können sich Restaurantbesucher so intensiv vorbereiten, bevor sie in die Schweizer Stube auf einen guten Bauernznacht gehen.