Niedlich, schräg oder vorbildlich?

Klar. Alle Kanadier in den gleichen Sack zu stecken geht natürlich nicht. Die Gesichter der Einheimischen sind so verschieden wie es die Länder in ihren Pässen sind. Nordamerika gilt als Einwanderungskontinent und da macht auch das zweitgrösste Land der Welt keine Ausnahme. In Toronto liegt der Ausländeranteil bei 50 Prozent, ganze Viertel sind herangewachsen für Chinesen, Koreaner, Japaner, Inder, Italiener, Südamerikaner. Und trotzdem: Gewisse augenscheinliche Merkmale, die sich jeder Einwanderer früher oder später angewöhnt, sind offensichtlich.

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„Sorry“:

Kanadier sind in aller Regel überschwänglich höflich. Mehr noch: Sie entschuldigen sich andauernd. Für, ja für das, was auch immer gerade ansteht. Sei es, wenn sie einem versehentlich im Supermarkt den Weg versperren, eine Türe nicht vorsorglich öffnen, sogar, wenn sie durch einen schusseligen Europäer angerempelt werden oder in der Metro ihr Handy fallen lassen. Ein schuldbewusstes „I’m sorry“ sitzt ihnen meist zuvorderst auf den Lippen.

Trainerhosen:

Wenn die Temperaturen unter -40 Grad fallen, spielt Mode eine sekundäre Rolle – nur warm muss sie sein. Ausser bei jenen, die ganzjährig im Shirt herumlaufen. Etwas fällt jedoch auf: Kanada dürfte zum Land mit der weltweit höchsten Baumwoll-Trainerhosen-Quote zählen. Diese ziehen sich nur Sportler, Bahnhof-Gangsters und Zuhausegebliebene an? Weit gefehlt! In Kanada zählen Trainerhosen zum guten Ton – besonders am Wochenende. Kombiniert werden sie wahlweise mit braunen Hipster-Lederschuhen, glänzender Jacke, Wollmütze und schwarzer Sonnenbrille.

Geduld:

Aus welchem Anlass auch immer, in Nordamerika gehört Warten einfach dazu. Sei es für einen Restaurantbesuch, bei der Einreise am Flughafen, draussen in der Kälte vor einem Konzertlokal oder für ein Autogramm eines Hockeystars. 30 Minuten, eine Stunde – was ist das schon?! Hörbar seufzen, Hände verwerfen oder sich lauthals bei den Verantwortlichen beschweren gibt es dabei nicht, für Qualität und Service anzustehen lohnt sich alleweil. Und wer sich langweilt, kann mit anderen Wartenden zu diskutieren beginnen. Gesprächig sind sie nämlich alle.