Wichtiger als Wasser
Land des Bibers (dem Tier), Eishockeys und Ahornsirups. Doch der absolute Renner in Kanada ist etwas anderes: Kaffee. Womöglich liegt es an den dunklen Nächten und kalten Morgen, dass die Menschen, stets von einem heulenden Wind begleitet, in den nächstbesten Kaffee-Shop flüchten. In der Schweiz bin ich es mir gewohnt, Kaffeetrinker zu sehen, doch die exorbitante Konsumation auf den Strassen, in der U-Bahn oder den Shopping-Centren fällt auf. Es ist beileibe nicht so, dass die Kanadier über die aromatischsten Kaffeebohnen und die raffiniertesten Röstungsverfahren verfügten. Der Kaffe ist oft ein Produkt zweiter Güte.
Egal. Getrunken wird er trotzdem. Und das in rauen Mengen. Laut der Coffee Association of Canada ist Kaffee bei Erwachsenen die Nummer eins aller Getränke – noch vor Hahnenwasser. Kanadier trinken pro Tag durchschnittlich 2.8 Tassen, Männer konsumieren dabei sogar noch etwas mehr als Frauen. Besonders am Morgen ist das Getränk heissbegehrt, wobei die Zahlen je nach Statistik zwischen 55 und 86 Prozent schwanken.
Kanadier bestellen den Kaffee ihrer Wahl meist „on the run“, wenn sie im morgendlichen Verkehr sowieso von A nach B steuern. Die unzähligen Kaffee-Ketten schiessen wie Unkraut an jeder Strassenkreuzung hervor. Viele sind bis tief in die Nacht oder gleich 24 Stunden geöffnet und bieten Pendlern, Studenten, Touristen und Pennern gleichermassen Zuflucht.
Nebst den kleinen Kaffee-Shops, Tankstellenläden und Restaurants buhlen auch bekannte Ketten wie McDonalds, Starbucks oder Subway um Kunden in einem eigentlich schon übersättigten Markt. Und natürlich gibt es da die einheimischen Vertreter Second Cup und Tim Hortons. Letzterer, durch einen ehemaligen Hockeyspieler gegründet und so richtig kanadisch, ist eine wahre Institution. Obwohl der Kaffee entweder viel zu süss schmeckt oder die Konsistenz eines morgendlichen Kaffees im Nachtzug besitzt, gehen Millionen gefüllte Becher über den Ladentisch. Einen Medium-Kaffee gibt es bereits für 2.20 Dollar, was etwa 1.65 Franken entspricht. Quantität geht vor Qualität.