Es weihnachtet sehr…

Weihnachten naht, wenn die Tage kürzer und die Nächte kälter werden. Weihnachten naht, wenn im Büro die Arbeit und in den Kaufhäusern die Warteschlange wächst. Fehlendes Winterwetter und übermässiger Vorweihnachtsstress sind in der Schweiz oft für Aussagen wie diese verantwortlich: „Ich bin überhaupt nicht in Festtage-Stimmung…“ In Kanada wird solcherlei Miesepetrigkeit gar nicht erst Aufschwung verliehen. Weihnachten wird hier grossflächig und pompös zelebriert.

Der Weihnachtsmann schiebt dabei Überstunden und lässt die Glöcklein in jedem zweiten Einkaufszentrum klingeln. Wer sich ein Bild mit dem Mann vom Nordpol, im roten Gewand und auf einem roten Stuhl sitzend, ergattern will, lässt sich dies etwas kosten. Bis zu 40 kanadische Dollar heuscht dieser für ein Foto – der Gute will ja schliesslich auch gelebt haben.

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Während bereits Mitte November Weihnachtsparaden durch die Strassen Torontos ziehen, eröffnen im Dezember Eislaufbahnen vor dem Rathaus und am Seeufer. Im Distillery District, der mit seinen roten Backsteinhäuserzeilen an das ehemalige Industriegelände erinnert, gibt es neben Designerware und Skurrilitäten gar einen Weihnachtsmarkt. Die Verkaufsstände locken Einheimische wie Touristen in Scharen heran, wobei die Organisatoren ihr Bestes versuchen, das Flair eines europäischen Christkindelmarkts zu imitieren.

Diese Annäherung gelingt teilweise, wobei kommerzielle Marktstände lokaler Banken, dem Süssigkeitenhersteller Kinder oder Spielwarengiganten Lego etwas irritieren. Den Torontonianern ist dies herzlich egal, bewaffnet mit Chlausmütze, grossen Einkaufstaschen und dicken Portemonnaies reihen sie sich geduldig in hinter den bereits Wartenden ein. Während winterliche Bierkreationen gratis degustiert werden dürfen, müssen für einen Styropor-Becher Glühwein ganze acht Dollar her.

Wer sich am Weihnachtsmarkt kalte Zehen ersparen will, lässt die Warteschlange vor dem einzig wahren Samichlaus im hölzernen Bethlehem-Stall aus und bemüht sich stattdessen um ein Bild mit der weit weniger populären Miss Claus, die verschmitzt aus einem Fensterrahmen guckt und beinahe schon verzweifelt Besucher zu sich winkt. Eine Miss Claus? Egal, das ist Nordamerika – und Foto ist Foto…