Einmal Shanghai extrem

Was die chinesischen Touristen können, kann ein Schweizer schon lange: 18 Stunden totales Speed-Sightseeing in der Megametropole Shanghai. Es ist die wohl umständlichste Art, vom japanischen Inselparadies Okinawa nach Taipei in Taiwan zu gelangen. Aber eben, ein billiger Flug und ein 72-Stunden visafreier Aufenthalt haben gelockt. Eine Stadt ohne Limit. Die Chronik einer Nacht, aus der plötzlich zwei wurden. 

Shanghai ist ein prosperierender Pool. Einer, in den sich Menschen aus allen möglichen Ländern zwängen. Besonders die Franzosen. Während sie in Scharen durch Asien touren, haben sich alleine in der chinesischen Grossstadt über 20’000 niedergelassen. Für meinen nächtlichen Kurzbesuch bin ich mit einem Kollegen verabredet, den ich in Seoul getroffen habe – auch er natürlich Franzose.

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18.30 Uhr: Pünktlich setzt der chinesische Flieger zur Landung an. Erstaunlich zügig ist der Zoll am Internationalen Flughafen Pudong überwunden, die eintägige Erlaubnis zum visafreien Aufenthalt in Shanghai in der Tasche. Mit Mühe landet das Gepäck im Schliessfach und die chinesischen Yuan in meiner Brieftasche. Mit der Magnetbahn Maglev sause ich mit 430 Stundenkilometern dem chinesischen Nachtleben entgegen.

21.00 Uhr: Jingan Tempel. Laurent, meine flüchtige französische Bekanntschaft aus Korea braust mit dem Töff heran. Kein Zweifel, dass er hier seit längerem lebt: Mühelos kurvt er uns durch den unordentlichen Stadtverkehr. Hupen hier, rote Ampeln überfahren da, kein Licht an den Mopets, keine Helme auf den Köpfen. In China scheint Sicherheit nebensächlich zu sein.

23.00 Uhr: Nach einem Burger und dem Besuch im Franzosenviertel geht’s mit dem Taxi auf die andere Stadtseite, zu „The Bund“. Es ist dies die famose Skyline von Shanghai, grell leuchtend und immer im Wachstum begriffen. Die wohl beste Sicht geniesst man von der Dachterrasse aus der Bar Rouge, betrieben von einem Franzosen. Während am Flughafen eine Flasche Wasser 2 Yuan kostet (weniger als 35 Rappen), müssen für ein Glas Whisky hier schon mal 80 Yuan her.

00.30 Uhr: Irgendwo in der Stadtmitte. In Shanghai lässt sich grundsätzlich zwischen zwei Arten von Tanzclubs unterscheiden: Die internationalen und die chinesischen. Letztere sind ein Besuch wert. Das Interieur erinnert an den Kitsch aus heimischen China-Restaurants. Alles ist rot bis gülden verpackt, es gibt Bars, wenig Tanzfläche und dafür umso mehr Würfeltische. Denn Würfeln tun die Chinesen gerne. Und natürlich machen sie daraus ein Trinkspiel. Es ist Montagnacht, doch das scheint hier im vollgepackten Club niemanden zu stören.

04.00 Uhr:  Wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät? Ist es! Mit dem Taxi geht’s zurück in Laurents kleine Unterkunft. Ich schlafe auf dem Bettsofa. Mein Weiterflug nach Taipei geht um 12.30 Uhr. Der Wecker ist gestellt. Meine ich zumindest.

11.10 Uhr: Der Schreck. In Windeseile packe ich meine sieben Sachen zusammen und renne auf die Strasse. Der Taxifahrer gibt sich zwar alle Mühe, doch am Ende sollte es wegen 30 Minuten nicht reichen. Flug umbuchen, einen Tag später, selbe Zeit. Dann gehts mit der Magnetbahn wieder zurück in die Stadt. Eine weitere Nacht in Shanghai. Doch diesmal bleibt es beim Besuch der berühmtesten Sehenswürdigkeiten.

12.15 Uhr +1: Nach einer halbstündigen Warterei am Zoll, meine Ausreise hätte schliesslich am Vortag sein sollen, bin ich bereit zum Boarding. Doch, oh weh, natürlich ist der Boardingpass nicht pflichtgemäss abgestempelt. Nicht mein Fehler, aber der herbeigeeilte Sicherheitsmann sieht in meinem Pass, dass ich gestern hätte ausreisen sollen. Nochmals telefonieren, nochmals banges Warten. Dann endlich grünes Licht. Ich darf gehen.