Glitzerstadt und Höhenmeter

Ein kühler Wind weht nachts auf 2450 m.ü.M. am Rand des Yosemite Nationalparks. Es ist ruhig in Mammoth Lakes, nur wenige Autos queren die Strassen dieses beschaulichen Winter-Resorts. Die bergige Szenerie mit ihren Nadelbäumen und schroffen Bergkämmen erinnert an die Schweiz und so gar nicht an die leuchtende Traumtänzer-Stadt Las Vegas, die wir am selben Morgen noch Richtung Norden verlassen haben.

Las Vegas… Stadt der Träume, des schnellen Glücks, Stadt der vielen Sünden. Keine Party zu teuer für die aus der ganzen Welt angereisten Besucher, kein Einsatz zu hoch für die unermüdlichen Zocker. Pro Aufenthalt in der Wüstenstadt (durchschnittlich 3,8 Nächte), soll jeder Gambler 300 Franken für sein Zimmer ausgeben und 600 Franken in den unzähligen Casinos liegen lassen. Und dann gibt es noch Unmengen von Unterhaltungs-Shows, Helikopterflüge, Restaurants von Fast-Food bis schier unbezahlbar, Pool-Partys in den Hoteleigenen Badeanlagen, Achterbahnen und so weiter.

Obwohl das Thermometer weiterhin weit über 30 Grad anzeigt, dreht sich das Wetter bei unserer Ankunft. Aus sonnig wird schwül-heiss bis gewittrig, sogar Regen fällt, was hier äusserst selten vorkommt. Nach drei Tagen und Nächten mit wenig Schlaf, Glücksspiel, Feiern und Geld verprassen startet unsere Rundreise via Yosemite-Nationalpark nach San Francisco, Los Angeles und San Diego, wo wir unser Mietauto wieder abgeben werden. Die erste Tagesetappe, über 500 Kilometer, führt uns durch die zerklüftete Felslandschaft der Nevada-Wüste, hinein in den Death Valley Nationalpark. Die Zwischenstopps an den einzelnen Aussichtspunkten fallen kurz aus, zu erbarmungslos sticht die Sonne vom blauen Himmel, zu sehr brennt der heisse Sand unter den Füssen.

Death ValleyMammoth Lakes

Die endlosen Strassen scheinen nur vom Horizont verschluckt zu werden, wenig Autos, kaum Menschen, kein Lärm. Eine Stille, die beinahe beängstigend wirkt nach Tagen des ausgelassenen Rummels einer Stadt, die beinahe alles erlaubt, was im Rest des Landes verboten ist. Doch irgendwann lassen wir auch die Wüste hinter uns, die zweispurige Schnellstrasse steigt merklich an, karger Wüstenboden weicht Wiese, Büschen und Pinien.

Schliesslich ist das Tagesziel, Mammoth Lakes, erreicht. Doch wie es scheint, steht bereits eine Planänderung an: Noch immer wüten Waldbrände in den Nationalparks westlich von hier, eine Durchfahrt scheint unmöglich. In einem nahen Steakhouse schlagen uns dafür Einheimische alternative, nördlichere Routen vor. Und die Schweiz wird hier nicht etwa mit Schweden verwechselt, im Gegenteil: Der überhaus zuvorkommende Kellner hat bereits Bern besucht und schwärmt von der Gegend, das mittelalterliche Ehepaar neben uns hat gar für zwei Jahre im Basellandschaftlichen gelebt. Ein paar Brocken Schweizerdeutsch sind geblieben. Uns bleibt ein Restaurantbesuch mit einer nicht alltäglichen Gastfreundschaft.